In den 80er Jahren gab es im Kraichgau und Unterland keinen einzigen Ultimate Frisbee-Spieler. Heute stellt Region fast ein Drittel aller Jugend-Nationalspieler. Tendenz steigend.
„Nächstes Jahr möchte .ich noch mindestens drei Jungs in die Aus wahlkader bringen", sagt Mark Kendall. Mit dem 44-jährigen Texaner hat der Aufschwung im Leintal angefangen. 1990 gründet er beim TSV Massenbach die Kids, die Plastikdiskus-Abteilung, und organisiert Workshops und Turniere. Wenn er mit seiner Scheibe unterwegs ist, nimmt er die Welt drumrum nicht mehr wahr"; sagt Gattin Eva-Maria. Zu den ersten Opfern, die Kendall mit dem Frisbee-Virus infiziert, gehört Robin Müller, der beim TV Bad Rappenau die Bad Raps ins Leben ruft. Heute stellen die beiden Vereine fünf von 17 Akteuren der Junioren-Nationalmannschaft - mehr als jede andere Region. Im August wurden sie bei den Weltmeisterschaften in Finnland Dritte. Nur Kanada und die USA waren besser. Aber dort ist Frisbee auch teilweise Schulsport.
„In unserer Region gibt's deutschlandweit die beste Jugendarbeit",sagt Sebastian Rether (18), der sonst für Massenbach in der Dritten Liga die Scheibe sausen lässt. Zielsichere 50-Meter-Pässe Inklusive. Die Weltmeisterschaften waren sein erstesinternationales Turnier als Nationalspieler - und sein letztes. 2005 wird er zu den Erwachsenen wechseln und muss sich erst dem Bundestrainer empfehlen.
„Im Fußball wirst du angeschrien, beim Frisbee gibt's nicht mal einen Schiedsrichter", sagt Christoph Kohle (16) vom DJK Heilbronn, der für Massenbach wirft. Seit anderthalb Jahren gehört er zum Nationalteam und schwört auf die Faimess seines Sports. Und auf die Parties danach.
Der jüngste Nationalspieler kommt aus dem Kraichgau: Florian Böhler. Als einziger aktueller Auswahlspieler kann er auch bei der WM 2008 noch dabei sein. „Irgendwann will Ich Gold holen", sagt der 15-Jährige, der mit seinen Teamkollegen Dennis Herbold (18) und Jens Gehrig (17)in Bad Rappenau schon immer gegen die Erwachsenen spielen musste. „Das ist der Vorteil von kleinen Vereinen." „Es ist eine Ehre, für Deutschland anzutreten", findet Herbold, der mit seinen Einsneunzig Körpergröße vor allem ein guter Fänger ist. „Dabei spiele ich erst seit einem Jahr. So abgezockt wie der Sepp (Sebastian) bin ich noch nicht."
Das Zusammenspiel mit den Lokalrivalen sei kein Problem, meint Jens Gehrig: „Wir necken uns gegenseitig." Da würde ein Rappenauer aber besser treffen, heißt es oft. Oder: „In Massenbach hätten wir das Ding dafür gefangen."
Die größte Schützenhilfe im Nationalteam kam jedoch aus München. Marie-Theres, das einzige Mädchen der Gruppe. Florian Böhler grinst: „Mizi hat uns schon ziemlich motiviert."
Nur Bad Rappenaus Trainer Robin Müller (33) hatte bei der Weltmeisterschaft Pech. Mit den Alten Herren wurde er bloß Siebter: „Vielleicht hätte ich mir von unserem Nachwuchs doch mehr abgucken sollen." Vielleicht nächstes Mal.
Artikel eingestellt von Monika Knoll